Von „Code Review“ bis „Intellectual Property“: Was ist in der „Commercial“ und „Technical“ Due Diligence bei Softwareunternehmen anders
Warum ist das Thema für mich als Softwareunternehmer relevant?
Ein potenzieller Käufer wird ein Softwareunternehmen im Rahmen eines Verkaufsprozesses nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus anderen Blickwinkeln beleuchten wollen. Zwei davon umfassen die sogenannte „Commercial“ und „Technical“ Due Diligence.
Welche Analysen und Fragen aus diesen Due Diligence Streams auf Verkäufer und Management zukommen können und wie sich eine gute Vorbereitung auf den Verkaufsprozess und die Bewertung des Unternehmens auswirken kann, ist das Thema des heutigen Beitrages, der in Zusammenarbeit mit der digitalen Strategieberatung OMMAX erarbeitet wurde.
Was muss ich darüber wissen?
Analysen der Commercial Due Diligence (CDD)
Die Commercial Due Diligence (CDD) beschreibt eine umfassende Analyse eines Unternehmens hinsichtlich aller geschäftlichen und strategischen Fragestellungen. Eine CDD umfasst mindestens die unten aufgelisteten Analysen. Dabei werden möglicherweise auch einige der zuvor thematisierten Kennzahlen für Softwareunternehmen erneut auffallen:
- Markt- und Wettbewerbsanalyse: Hierbei wird der Markt, in dem das Unternehmen tätig ist, abgegrenzt und gründlich untersucht. Dazu gehören die Identifikation von Markttrends, Wachstumschancen, Eintrittsbarrieren, Wettbewerbern, Marktanteilen und regulatorischen Rahmenbedingungen.
- Kundenanalyse: Es wird analysiert, wer die Hauptkunden des Unternehmens sind, wie stark die Kundenbindung (CLV, ARR) ist und wie abhängig das Unternehmen von einigen wenigen Großkunden ist.
- Produkt- und Dienstleistungsportfolio: Die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens werden bewertet, um ihre Wettbewerbsfähigkeit, Alleinstellungsmerkmale („USP“), Innovationskraft und potenzielle Entwicklungschancen zu ermitteln.
- Vertriebs- und Vermarktungsstrategie: Die Vertriebskanäle, Verkaufsstrategien und Marketingaktivitäten des Unternehmens werden überprüft, um die Effektivität und Effizienz dieser Ansätze zu bewerten (CAC).
- Management und Organisation: Die Führungseben des Unternehmens wird bewertet, um sicherzustellen, dass das Unternehmen über das erforderliche Managementtalent verfügt, um zukünftige Herausforderungen anzugehen.
- Risikobewertung: Potenzielle geschäftliche Risiken wie rechtliche, finanzielle oder operative Risiken werden identifiziert und bewertet.
Neben den Markt- und Produktaspekten, die typischerweise nicht Bestandteil der Financial Due Diligence sind, sind die Analysen der CDD regelmäßig tendenziell eher in die Zukunft gerichtet. So hat die CDD häufig zum Ziel aus historischen Kennzahlen Werttreiber Eures Unternehmens zu definieren, mit denen Euer Geschäftsplan plausibilisiert oder von Käuferseite neu aufgestellt werden kann.
Analysen der Technical Due Diligence (TDD)
Die Technical Due Diligence oder Technology Due Diligence (TDD) umfasst die Analyse der technologischen Plattform sowie IT- und Datenstrategie Eures Unternehmens und hat insbesondere bei Softwareunternehme typischerweise eine hohe Relevanz. Im Folgenden ist der Umfang einer TDD anhand des auf IT-Unternehmen spezialisierten Beratungshauses OMMAX aufgeführt.
- Technologie- und Produktstrategie: Das erste Modul umfasst die Beschreibung der Technologie- und Produktrolle eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Geschäfts- und Wachstumsstrategie sowie die Bewertung der IT-Roadmap, einschließlich Abdeckung, Zeitpläne und Prioritäten.
- IT-Infrastruktur und Systemarchitektur: Im zweiten Modul werden die Software-Architektur und die Skalierbarkeit des Tool-Stacks inkl. Dokumentation des Codes („Code Review“) und der technischen Schulden sowie die Front- und Back-End-Infrastruktur im Hinblick auf Interoperabilität und Skalierbarkeit bewertet.
- Lebenszyklus der Softwareentwicklung: Im dritten Modul wird der Tech-Stack mit mehreren Komponenten bewertet und die Entwicklungsprozesse und der Tech-Stack inkl. Dokumentation und Automatisierungsgrad für die Entwicklung und Wartung der Systeme und Infrastruktur des Unternehmens analysiert.
- Team und Organisation: Im Modul Team und Organisation wird die Struktur des IT-Teams inkl. der beteiligten externen Parteien und wie die Kompetenzen des Entwicklungsteams die Geschäfts- und Wachstumsstrategie des Unternehmens unterstützen bewertet.
- IT-Sicherheit & Compliance: Hier werden die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen inkl. Dokumentation und Aktualität von Business Continuity Planning und Disaster Recovery Planning untersucht.
- Technische Finanzen: In Modul sechs werden die CapEx- und OpEx-Ausgaben nach den wichtigsten Produktbereichen aufgeschlüsselt, einschließlich eines Kommentars zu ihrer Ausrichtung an den Wachstumsplänen des Unternehmens sowie vergleichbarer Zahlen von Mitbewerbern und der Branche.
- Datenmodell und -qualität: Im letzten Modul werden Faktoren wie das aktuelle Datenmodell, die Datenarchitektur und die relevanten Systeme beschrieben, ein Überblick über die gesammelten Daten gegeben und der Datenbestand sowie die Datenqualität in Bezug auf die Auswirkungen auf das Geschäft analysiert.
Sonstige softwarespezifische Themen
Zuletzt gibt es einige Besonderheiten, die insbesondere bei Softwareunternehmen im Rahmen der CDD oder TDD häufig eine Rolle spielen. Diese umfassen im Wesentlichen:
- Technologische Prüfung: Da Softwareunternehmen stark von ihrer Technologie abhängig sind, ist eine gründliche Überprüfung der Technologieplattform, des Entwicklungsprozesses, der IP-Rechte und der technologischen Innovationen von entscheidender Bedeutung.
- Lizenzierung und Compliance: Die Überprüfung von Softwarelizenzen, Open-Source-Nutzung und rechtlichen Compliance-Aspekten ist besonders wichtig, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Abhängigkeit von Fachkräften: Softwareunternehmen sind oft stark auf talentierte Entwickler und Fachkräfte angewiesen. Die Bewertung des Mitarbeiterstamms und der Mitarbeiterbindung ist daher von großer Bedeutung.
Wie kann ich die Information für mich nutzen?
Als Softwareunternehmer solltet Ihr Euch im Rahmen der Verkaufsvorbereitung über die oben genannten Analysen bewusst sein und vorbereiten. Sollte es zu einem Verkaufsprozess kommen, könnte Euch dies folgende Vorteile bringen:
- Einige Analysen erfordern die Sammlung und Strukturierung von Unternehmensdaten. Sofern bereits in der Verkaufsvorbereitung relevante Daten gesammelt wurden, kann der Verkäufer eine entsprechende Datenhistorie vorweisen und ein positives Signal an potenzielle Käufer senden.
- Aufgrund Ihrer zeitlichen Begrenzung ist die Due Diligence Phase typischerweise eine der hektischsten und ressourcenintensivsten Phasen des gesamten Verkaufsprozesses. Eine sorgfältige Vorbereitung auf mögliche Datenanfragen der Käufer kann diesen Prozess deutlich schneller und effizienter gestalten.
Die Fragen und Analysen, die während eines Verkaufsprozesses durch den M&A Berater und potenziellen Käufer aufgeworfen werden, sind nicht zwangsläufig nur in einem Verkaufsfall relevant. Auch wenn nicht unmittelbar ein Unternehmensverkauf bevorsteht, können die aufgebrachten Sichtweisen auf das Unternehmen auch bei der Unternehmenssteuerung im laufenden Betrieb von Nutzen sein.
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